Kapitel 15. Nina Van Gorkom. Abhidhamma im Alltag


Die Funktion vonTadārammana und Cuti


Wenn wir etwas Angenehmes oder Unangenehmes sehen, wird das Objekt von einem vipāka citta erlebt, dem Ergebnis einer guten oder einer schlechten Tat. Es gibt nicht nur einen Augenblick, der vipāka ist, sondern mehrere. Wenn Farbe den Sehsinn berührt, entsteht und vergeht das pañca-dvārävajjana-citta ('Aufmerkendes Bewußtsein an der Fünfsinnenpforte'), das ein kiriyā-citta ist. Es wird vom Sehbewußtsein gefolgt (cakkhu-viññāna).

Sehbewusstsein ist das erste vipāka-citta des Prozesses. Es folgen zwei weitere vipāka-citta: Sampatīcchana-citta, welches das Objekt 'rezipiert' und santīrana-citta, welches das Objekt 'prüft'. Das santīrana-citta wird vom votthapana-citta ('Feststellendes Bewußtsein') gefolgt, einem kiriyā-citta. Das votthapana-citta entscheidet, ob das Objekt ein Objekt für akusala citta oder kusala citta sein wird. Das votthapana-citta wird von sieben javana-citta gefolgt, die, im Falle eines Nicht-Arahat, akusala citta oder kusala citta sind.

Solange Farbe noch nicht fortgefallen ist, kann kamma zwei weitere vipāka-Augenblicke produzieren, nachdem die javanna-citta fortgefallen sind. Diese beiden citta führen die Funktion von tadālambana oder tadārammana aus, was mitunter mit 'registrieren' oder 'zurückbehalten' übersetzt wird.

Tadārammana bedeutet wörtlich 'das Objekt'. Das citta 'klebt' an dem Objekt, und das Objekt wird für zwei weitere Augenblicke erlebt. Nur in der Existenzebene der Sinne vermag kamma, nach den javana-citta, zwei weitere vipāka-citta zu produzieren, die dann an dem Objekt 'hängen' bleiben. Jene, die in den rūpa-brahma-Ebenen1 geboren wurden, in der weniger Bedingungen für Sinneseindrücke stattfinden und jene, die in den arūpa-brahma-Ebenen geboren wurden, in der keine Sinneseindrücke erlebt werden, haben keine tadārammana citta.

Ein Objekt, das eines der Sinnentore berührt, kann Farbe, Klang, Geruch, Geschmack oder ein Eindruck durch den Körpersinn sein. Jedes dieser Objekte ist rūpa. Sie entstehen und vergehen wieder, sie fallen jedoch nicht so schnell fort wie nāma. Diese rūpa dauern 17 Bewußtseinsaugenblicke an. Wenn Kontakt zwischen einem Objekt und eines der Sinnentore besteht, entsteht das pañca-dvārävajjana-citta (das aufmerkende Bewußtsein an der Fünfsinnenpforte) nicht sofort. Zuerst entstehen 3 weitere bhavanga- citta: das atīta-bhavanga (das erste bhavanga, das unterbrochen wird), das bhavanga-calana (das vibrierende bhavanga) und das bhavangupaccheda (gestautes bhavanga, das letzte bhavanga-citta, bevor die Strömung der bhavanga-citta aufgehalten wird). Diese bhavanga-citta erleben nicht das neue Objekt, das auf eines der Sinnentore wirkt.

Das Objekt, das auf eine der Sinnenpforten trifft, wird von folgenden citta erlebt: Vom pañca-dvāravajjana-citta, einem der dvi-pañca-viññāna (Sehbewußtsein, Hörbewußtsein, etc.), dem sampatīcchana-citta, santīrana-citta, votthapana-citta und den sieben javana-citta.

Falls rūpa, das mit einer der Sinnenpforten in Berührung kommt, zur gleichen Zeit entsteht wie das atita-bhavanga (das erste bhavanga-citta, das von dem Objekt beeindruckt wird), bedeutet dies, daß das Objekt noch nicht fortgefallen ist, wenn das siebente javana-citta bereits weggefallen ist. Nur fünfzehn Bewußtseinsaugenblicke sind seit dem Entstehen des atita-bhavanga-citta entstanden. Rūpa hält für siebzehn Bewußtseinsaugenblicke an, und somit können zwei weitere citta in jenem Prozeß das Objekt direkt erleben. Diese beiden citta, die vipāka sind, sind tadārammana-citta (oder tadālambana-citta).

Zusammengefaßt ergibt sich folgende Reihenfolge bei den citta, die einander in einem sinnlichen Bewußtseinsprozeß folgen, wenn ein rūpa auf eine der Sinnenpforten wirkt:

  1.Atita-bhavanga (das erste bhavanga-citta, das 'unterbrochen' wird)
  2.Bhavanga-calana(vibrierendes bhavanga)
  3.Bhavangupaccheda (gestautes bhavanga)
  4.Pañca-dvārävajjana-citta (aufmerkendes Bewußtsein an der Fünfsinnenpforte)
  5.Dvi-pañca-viññana (Sehbewußtsein, etc.)
  6.Sampatīcchana-citta (rezipierendes Bewußtsein)
  7.Santīrana-citta (prüfendes Bewußtsein)
  8.Votthapana-citta (feststellendes oder entscheidendes Bewußtsein)
  9.Javana-citta*
10.Javana-citta*
11.Javana-citta*
12.Javana-citta*
13.Javana-citta*
14.Javana-citta*
15.Javana-citta*
16.Tadārammana-citta (registrierendes Bewußtsein)
17.Tadārammana-citta (registrierendes Bewußtsein)

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* kusala citta oder akusala citta, die das Objekt' durchlaufen' im Falle von 'Nicht-Edlen'.


Das tadārammana-citta erfährt ein Objekt nicht nur durch die fünf Sinnentore, sondern auch durch das Geisttor. Im sinnlichen Bewußtseinsprozeß kann das tadārammana-citta nur entstehen, wenn das Objekt noch nicht fortgefallen ist. Wenn tadārammana-citta im sinnlichen Bewußtseinsprozeß entstehen, können sie auch im folgenden inneren Bewußtseinsprozeß entstehen. Dann erfährt das tadārammana-citta ein Objekt durch die Geistpforte.

Das tadārammana-citta ist ein vipāka-citta, welches ein Objekt durch sechs Tore erfahren kann. Ist das Objekt Farbe, wie im Falle des Augentorprozesses, so wird es durch die Augenpforte erfahren. Die tadārammana-citta des inneren Bewußtseinsprozesses, die dem Augenpfortenprozeß folgen, erleben das Objekt durch die Geistpforte. Falls das Objekt, welches die Sinnenpforte berührt, unangenehm ist, sind alle vipāka-citta jenes Prozesses und somit auch die tadārammana-citta, falls sie entstehen, akusala vipāka. Die tadārammana-citta des inneren Bewußtseinsprozesses, die dem Sinnenpfortenprozeß folgen, sind auch akusala vipāka. Falls das Objekt, welches eine der Sinnenpforten berührt, angenehm ist, so
sind alle vipāka-citta jenes Prozesses, einschließlich die tadārammana-citta, kusala vipāka. Das gleiche gilt für die tadārammana-citta des anschließenden inneren Bewußtseinsprozesses.

Die Funktion von tadārammana kann von elf verschiedenen citta-Typen ausgeführt werden: von drei ahetuka vipāka-citta (nicht begleitet von Wurzeln oder hetu) und von acht sahetuka vipāka-citta (begle
itet von sobhana Wurzeln).

Ist das tadārammana-citta ahetuka, wird die Funktion von tadārammana vom santīrana-citta ausgeführt. Wie wir bereits gesagt haben, kann das santīrana-citta, das immer ahetuka vipāka ist, mehr
als eine Funktion ausführen. Das santīrana-citta vermag neben der Funktion von santīrana (Prüfen), auch die Funktion von patisandhi (Wiedergeburt), bhavanga, cuti (Sterben) und mehr noch, die Funktion von tadārammana auszuführen.

Wie schon ausgeführt wurde, gibt es drei Arten santīrana-citta:

  1. Santīrana-citta, das akusala vipāka ist, begleitet von upekkhā, (indifferentes Gefühl)
  2. Santīrana-citta, das kusala vipāka ist, begleitet von upekkhā
  3. Santīrana-citta, das kusala vipaka ist, begleitet von somanassa (angenehmes Gefühl)


Nur der erste und zweite Typ von santīrana-citta (santīrana-citta, das akusala vipäka ist, und santīrana-citta, das kusala vipāka ist, begleitet von upekkhā), können die Funktionen von patisandhi, bhavanga und cuti ausführen. Die Funktion von santīrana (Prüfen) kann von allen drei Arten von santīrana-citta vollzogen werden.

Wie schon bemerkt wurde, führt das santīrana-citta, von sommanassa begleitet, die Funktion von santīrana aus, wenn das Objekt außergewöhnlich angenehm ist.

Die Funktion von tadārammana (Registrieren) kann von allen drei Arten von santīrana-citta verrichtet werden. Falls das tadārammana-citta akusala vipāka ist, wird die Funktion von tadārammana von dem santīrana-citta ausgeführt, welches akusala vipāka ist. Es ist ein ahetuka vipāka-citta, vom gleichen Typ wie das santīrana-citta, welches akusala vipāka ist und die Funktion von santīrana in jenem sinnlichen Bewußtseinsvorgang erfüllt.

Ist das tadārammana-citta ahetuka kusala vipāka, kann die Funktion von tadārammana (Registrieren) vom santīrana-citta verrichtet werden, das kusala vipāka ist, begleitet von upekkhā (indifferentem Gefühl) oder vom santīrana-citta, das kusala vipāka ist, von somanassa (angenehmem Gefühl), begleitet. In allen drei Fällen ist das tadārammana-citta ahetuka.

Wenn gesagt wird, daß die Funktion von tadārammana vom santīrana-citta vollzogen wird, so bedeutet dies, daß das tadārammana-citta in jenem Augenblick von der gleichen Beschaffenheit ist wie das santīrana-citta: es ist von dem gleichen jati (vipāka), es ist ahetuka und wird von den gleichen Arten von cetasika (geistigen Faktoren) begleitet. Wenn das santīrana-citta die Funktion von tadārammana (Registrieren) ausführt, wird es tadārammana-citta genannt.

Es gibt auch acht sahetuka vipāka-citta (mit sobhana hetu, mit schönen Wurzeln: Alobha, Adosa, Amoha), welche die Funktion von tadārammana ausführen können. Sie können von angenehmem Gefühl oder von indifferentem Gefühl begleitet sein, sie können mit pañña oder ohne paññā entstehen, sie können asankhārika (unveranlaßt) oder sasankhārika (veranlaßt) sein. Sahetuka vipāka-citta sind asankhārika oder sasankhārika. Dies bedeutet, daß sie das Ergebnis von kamma sind, das asankhārika oder sasankhärika ist. Insgesamt gibt es elf citta, die die Funktion von tadārammana ausführen können.

Diese sind. Drei ahetuka vipāka-citta:
  1. Santīrana-citta, das akusala vipāka ist, begleitet von upekkhā
  2. Santīrana-citta, das kusala vipāka ist, von upekkhä begleitet
  3. Santīrana-citta, das kusala vipāka ist, von somanassa begleitet


Weiterhin gibt es acht sahetuka vipāka-citta:

  1. Somanassa-sahagatam, ñāna-sampayuttam, asankhārikam ekam
     (begleitet von angenehmem Gefühl, mit Weisheit, unveranlaßt)
  2. Somanassa-sahagatam, ñāna-sampayuttam, sasankhārikam ekam
      (begleitet von angenehmem Gefühl, mit Weisheit, veranlaßt)
  3. Somanassa-sahagatam, ñāna-vippayuttam, asankhārikam ekam
      (begleitet von angenehmem Gefühl, ohne Weisheit, unveranlaßt)
  4. Somanassa-sahagatam, ñāna-vippayuttam, sasankhārikam ekam
      (begleitet von angenehmem Gefühl, ohne Weisheit, veranlaßt)
  5. Upekkhā-sahagatam, ñāna-sampayuttam, asankhārikam ekam
      (begleitet von indifferentem Gefühl, mit Weisheit, unveranlaßt)
  6. Upekkhā-sahagatam, ñāna-sampayuttam, sasankhārikam ekam
      (begleitet von indifferentem Gefühl, mit Weisheit, veranlaßt)
  7. Upekkhā-sahagatam, ñāna-vippayuttam, asankhārikam ekam
      (begleitet von indifferentem Gefühl, ohne Weisheit, unveranlaßt)
  8. Upekkhā-sahagatam, ñāna-vippayuttam, sasankhārikam ekam
      (begleitet von indifferentem Gefühl, ohne Weisheit, veranlaßt).


Immerzu entstehen und vergehen citta und führen verschiedene Funktionen aus. Die letzte Funktion des Bewußtseins im Leben ist die Funktion von cuti (Sterben), wörtlich 'Abschneiden'. Wenn wir in herkömmlicher Sprache sagen, eine Person ist gestorben, dann ist das cuti-citta (das Sterbebewußtsein), das letzte citta des Lebens, fortgefallen. Das cuti-citta wird vom patisandhi-citta
(Wiedergeburtsbewußtsein) des folgenden Lebens gefolgt.

Tod läßt sich nicht vermeiden. In jedem Lebewesen, ob es nun in einer Höllenebene, in einer menschlichen Ebene oder in einer himmlischen Ebene lebt, wird das Sterbebewußtsein einmal aufsteigen. Wir lesen in den Lehrreden von Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Darin wird Alter gleich nach der Geburt erwähnt, noch bevor von Krankheit die Rede ist. Der Grund dafür ist, daß, sobald wir geboren werden, bereits anfangen zu altern. Wir befinden uns auf dem Wege zum Tode. Wir lesen in der 'KhuddakaNikāya' (Sutta Nipāta, 'Woven Cadences', Chapter III, par. 8, The Dart, vs. 574-583)2:
"Unbestimmbar, unerkennbar ist für Sterbliche ihr Leben. Mühsam ist es, kurz bemessen, eng verquickt ist es mit Leiden.
Wahrlich, nicht gibt es ein Mittel, das Geborene nicht sterben; auf das Alter folgt das Sterben, so geartet sind die Wesen.
Wie bei Früchten, reif geworden, ihren baldigen Fall man fürchtet,
so auch die als Sterbliche Geborenen sind in steter Furcht des Todes.
Wie die tönernen Gefäße, von des Töpfers Hand geformte, alle im Zerbrechen enden, so auch ist bei Sterblichen das Leben.
Junge und erwachsene Leute, Toren und auch weise Menschen,
alle kommen in die Macht des Todes, aller Einkehr ist der Tod.
Von denen, die als Todesopfer hin zu anderen Welten wandern, schützt nicht seinen Sohn der Vater oder Sippe ihre Sippschaft.
Sie, diese hier, die schauenden und klagenden Verwandten! Ein jeder auch aus dieser Schar wird einmal fortgeführt wie Schlachtvieh.
So ist ja wahrlich diese Welt mit Tod und mit Zerfall geschlagen!
Drum werden Weise nimmer klagen, die die Natur der Welt erkannt.
Dessen Weg du nimmer wahrnimmst, nicht sein Kommen, nicht sein Gehen,
ungewahr der beiden Enden, zwecklos ist um ihn dein Klagen!"


Wer nicht weise ist, wird klagen, jene aber, die den Edlen Achtfachen Pfad kultivieren, werden weniger Sorgen haben.

Wenn der Entwicklungsstand des arahat erreicht ist, wird ein cuti-citta eintreten, das aber nicht von einem patisandhi-citta gefolgt wird. Dann ist das Ende der Geburt, des Aiterns, der Krankheit und des Todes erreicht. Wir lesen in der' Anguttara Nikāya' (Book of the Threes, Chapter VII, par. 62, Terror, V und VI):

„Mönche, diese drei Schrecken trennen Mutter und Sohn. Welche drei? Eine Mutter vermag es nicht mit anzusehen, daß ihr Sohn älter wird. Sie sagt: „Ich werde alt, möge mein Sohn nicht alt werden." Der Sohn gleicherweise kann es nicht ertragen, daß seine Mutter alt wird. Er sagt: „Ich werde alt. Möge meine Mutter nicht alt werden." Und das gleiche trifft auf krank werden und sterben zu. Dieses sind die drei Schrecken, die Mutter und Sohn voneinander trennen.
Mönche, es gibt jedoch einen Weg, es gibt eine Übung, die zum Aufgeben, zum Überwinden dieser drei Schrecken, die Mutter und Sohn voneinander trennen, führt, ein Weg, der Mutter und Sohn vereint. Welches ist dieser Weg, welches ist die Übung, die dorthin führt? Es ist dieser Edle Achtfache Pfad, das ist: Rechtes Verstehen, Rechte Absicht, Rechte Rede, Rechtes Tun, Rechter Lebensunterhalt, Rechtes Bemühen, Rechte Achtsamkeit, Rechte Sammlung. Das ist der Weg, das ist die Übung..."


Wenn die Bewußtseinsstufe des arahat noch nicht erreicht wurde, wird dem Sterbebewußtsein das Wiedergeburtsbewußtsein folgen. Das patisandhi-citta des nächsten Lebens wird akusala vipāka oder kusala vipāka sein, abhängig von dem kamma, welches es produziert.

Vor dem Entstehen des cuti-citta gibt es nur fünf javana-citta, statt sieben. Dieses sind die letzten javana-citta dieses Lebens, und sie bedingen die Wiedergeburt. Falls diese javana-citta akusala citta sind, wird auch das patisandhi-citta des nächsten Lebens akusala vipāka sein. Falls diese javana-citta kusala citta sind, wird auch das patisandhi-citta des nächsten Lebens kusala vipāka sein. Wenn diese javana-citta fortgefallen sind, entsteht das cuti-citta, das letzte citta dieser Lebensspanne. Das cuti-citta ist vom gleichen Typ wie das patisandhi-citta und die bhavanga-citta des Lebens, welches im Begriff ist zu enden. Wenn das cuti-citta fortgefallen ist, entsteht das patisandhi-citta des nächsten Lebens. Dieses citta kann von einer anderen Art sein, abhängig von dem Kamma, welches es produziert.

Die letzten javana-citta, die kurz vor dem Sterben entstehen, können ein Objekt durch eines der fünf Sinnenpforten oder durch die Geistpforte erleben. Man mag an ein vergangenes Kamma denken, oder ein Zeichen oder Symbol desselben erleben, oder man mag ein Zeichen oder Symbol des Ortes seiner Wiedergeburt erleben ('Visuddhimagga', XVII, 136-146). Was auch immer das Objekt des letzten javanna-citta sein wird, das patisandhi-citta des nächsten Lebens, alle bhavanga-citta und die cuti-citta des nächsten Lebens werden das gleiche Objekt erleben.

Das cuti-citta ist vom gleichen citta-Typ wie das patisandhi-citta und das bhavanga-citta des Lebens, das im Begriffe ist, zu enden. Das cuti-citta ist vipāka, von dem kamma produziert, welches das patisandhi-citta und die bhavanga-citta jenes Lebens produzierte. Da es neunzehn Arten von citta gibt, welche die Funktion von patisandhi und die Funktion von bhavanga ausführen, gibt es auch neunzehn citta-Typen, welche die Funktion von cuti erfüllen. Die citta-Typen, welche die Funktion von patisandhi und bhavanga erfüllen, können auch die Funktion von cuti ausführen.


Wenn jemand bei einem Unfall oder mit großen Schmerzen stirbt, brauchen nicht unbedingt akusala javanna-citta dem cuti-citta (Sterbebewußtsein) vorauszugehen. Wahrscheinlich entstehen akusala citta mit Abneigung, wenn der Schmerz empfunden wird. Die letzten javana-citta können jedoch kusala-citta sein. 'Weises Erwägen' (yoniso manasikāra) mag dann dem cuti-citta (Sterbebewußtsein) vorausgehen.

Wir lesen in der ' Anguttara Nikāya' (Book of the Sixes, Chapter VI, par. 2, Phagguna), daß der Buddha den ehrwürdigen Phagguna aufsuchte, der schwer krank geworden war. Phagguna hatte die zweite Entfaltungsstufe der Erleuchtung (die des Sakadagami) erreicht. Er war noch nicht vollständig von den 'fünf niedrigen Fesseln' befreit. Wir lesen in der Sutta, daß der Buddha folgendermaßen sprach:

„Ich hoffe, Phagguna, daß es dir gut geht, daß deine Schmerzen und deine Leiden nachlassen, sich nicht vermehren. Gibt es irgendwelche Anzeichen, daß sie ab' weniger werden, nicht mehr?"

„Herr, es geht mir nicht gut. Meine Schmerzen und meine Leiden werden immer schlimmer. Sie lassen nicht nach, und die Anzeichen sprechen dafür, daß sie sich noch vermehren.
Herr, die heftigen Schmerzen, die meinen Kopf foltern, fühlen sich an, als habe ein lustvoller Bursche mit einem scharfen Schwerte zugeschlagen. Herr, ich kann es weder ertragen, noch so weitermachen, meine Schmerzen werden mehr, nicht weniger…


Und der Erhabene unterrichtete ihn, ermunterte ihn, erfreute ihn und gab ihm Trost mit Dhamma-Worten. Dann erhob er sich von seinem Sitz und ging fort.

Nun, nicht lange nach dem Fortgang des Erhabenen, starb der ehrwürdige Phagguna. Und in dem Augenblick, in dem der Tod eintrat, wurden seine Fakultäten vollständig gereinigt. Daraufhin ging der erhabene Ānanda zum Erhabenen, begrüßte ihn und setzte sich zu seiner Seite nieder. Sitzend sprach er:

„Herr, nicht lange, nachdem der Erhabene fortgegangen war, starb der ehrwürdige Phagguna. Und zu jener Zeit wurden seine Fakultäten vollständig gereinigt."

„Warum, Ānanda, sollten denn die Fakultäten des Mönches Phagguna nicht vollständig gereinigt worden sein? Der Geist des Mönches, Ānanda, war noch nicht vollständig von den fünf niedrigen Fesseln befreit. Als er jedoch die Dhamma-Lehrrede hörte, wurde sein Geist vollständig frei.

Es gibt diese sechs Vorteile, Ānanda, wenn man Dhamma zur rechten Zeit hört. Wenn man es auf seine gute Beschaffenheit hin prüft. Welche sechs? Bedenke, Ānanda, es gibt einen Mönch, dessen Geist noch nicht vollständig von den niedrigen Fesseln befreit ist. In der Sterbestunde aber wird er den Tathāgata sehen. Der Tathāgata lehrt ihn Dhamma, wunderbar am Anfang, wunderbar in der Mitte, wunderbar am Ende, seine Vortrefflichkeit, seinen tiefen Sinn. Dadurch wird das Brahmanen-Leben bekannt werden3, erfüllt werden, ein vollständig reines Leben.
Wenn er die Lehre des Dhamma hört, wird sein Geist von den niedrigen Fesseln befreit. Dieses, Ānanda, ist der erste Vorteil, wenn man Dhamma zur rechten Zeit hört.
Oder wenn es ihm nicht möglich ist, den Tathāgata zu sehen, sieht er seine Jünger, die ihn Dhamma lehren ... und das Brahmanen-Leben verkünden. ... Dann ist sein Geist vollkommen befreit von den fünf niedrigen Fesseln. Dies, Ānanda, ist der zweite Vorteil....
Oder wenn es ihm nicht möglich ist, den Tathāgata oder seine Jünger zu sehen, wird er in Gedanken fortfahren, über den Dhamma nachzudenken, wie er ihn gehört, gelernt hat. Er erwägt ihn, studiert ihn fleißig. So wird sein Geist von den fünf niedrigen Fesseln befreit. Dies, Ānanda, ist der dritte Vorteil, den man hat, wenn die Wahrheit des Dhamma zur rechten Zeit ergründet wird."


Das gleiche wird von dem Mönch berichtet, der die dritte Bewußtseinsstufe der Erleuchtung, die Stufe des anagami erreicht hat. Er kann, nachdem er Dhamma zur rechten Zeit gehört hat, seine Wahrheit prüfen und die Stufe des arahat erreichen.

Zusammengefaßt ergeben die citta-Funktionen (kicca):

  1. Pathisandhi (Wiedergeburt)
  2. Bhavanga (Lebensstrom)
  3. Āvajjana (Aufmerken)
  4. Sehen
  5. Hören
  6. Riechen
  7. Schmecken
  8. Fühlen körperlicher Eindrücke
  9. Sampatīcchana (Rezipieren)
  10. Santīrana (Prüfen)
  11. Votthapana (Feststellen)
  12. Javana (Impulsion, oder 'das Objekt durchlaufen)
  13. Tadārammana (oder Tadālambana, Registrieren)
  14. Cuti (Sterben)



Fragen
  1. Welche Funktionen können vom santīrana-citta erfüllt werden, das akusala vipāka ist?
     
  2. Welche Funktionen können vom santīrana-citta ausgeführt werden, das kusala vipāka ist und von upekkhā (indifferentem Gefühl) begleitet wird?
  3. Welche Funktionen können vom sanürana-citta verrichtet werden, das kusala vipāka ist und von somanassa begleitet wird?
  4. Von wievielen citta-Typen kann die Funktion von cuti (Sterben) ausgeführt werden? Welche Typen?
     
  5. Warum kann tadārammana-citta weder in den rūpa-brahma-Ebenen noch in den arūpa-brahma-Ebenen entstehen?
     
  6. Können alle Typen von vipāka-citta ein Objekt durch die sechs Sinnestore erfahren?


Anmerkungen:
  1. Geburt in einer rūpa-brahma-Ebene ist das Ergebnis von rūpavacara kusala citta (rūpa-jhana-citta) Geburt in einer arūpa-brahma-Ebene ist das Ergebnis von arūpavacara kusala citta (arūpa-jhana-citta)
  2. Ich benutze die Übersetzung des Ehrwürdigen Nyanaponika.
  3. In Pali: Brahma-Cariya: reines oder heiliges Leben. Dieser Begriff wird benutzt für das Leben der Mönche und für das Leben der Laien, die acht Vorschriften beachten. Er wird aber auch benutzt in Verbindung mit all jenen, die den 'Achtfachen Pfad' entfalten. Das Ziel des 'Brahma-Cariya' ist die Tilgung aller Befleckungen.